Nur noch selten lässt man sich aus seiner Konsumentensicherheit reißen. Man kennt so viele Produkte, weiß um die zwanghaften Neuerungen zur Gewinnsteigerung. Man ist gesättigt und wird nur selten überrascht.
Neulich passierte es mir doch einmal wieder. Ich stand im Tegut und das Staunen überfiel mich. Glücklicherweise war ich alleine in meinem Gang, niemand hat es gesehen, hoffe ich. Ich wollte Mandelöl kaufen. Zugegeben selbst das verwunderte mich damals schon, dass es so etwas geben sollte. Aber da es in einem Rezeptbuch abgedruckt stand, ging ich davon aus, dass es so etwas wirklich gab. Vor dem Öl-Regal jedoch traf mich der erwähnte Schock. Ich hatte die Öl-Entwicklung verschlafen, die Diversifizierung der Öl-Palette war an meinen trüben Augen vorbeigegangen. Da gab es Bärlauch-Öl, Walnuss-Öl, Trüffel-Öl, Sonnenblumenkern-Öl, Kürbiskern-Öl, Traubenkern-Öl und Raps-Öl. Nebenbei auch Oliven-Öl, aber das war egal. Kurzzeitig zweifelte ich am Bedarf für all diese Öle, doch dann dachte ich an mein Kochbuch und schob die Zweifel beiseite. sicherlich gab es auch schon ein Kochbuch speziell für Traubenkern-Öl oder besondere Rezepte, die nur mit diesem Spezial-Öl funktionieren: “Bitte übergießen sie nun die Ravioli mit kalt gepresstem Traubenkern-Öl, nach einer Weile werden sie sich (je nach Qualität des Öls in verschiedenen Abtönungen) grün färben.”
Mein Mandel-Öl gab es allerdings nicht. Scheinbar kooperieren die Supermärkte mit den Buchhandlungen. Das Kochbuch hatte ich aber von meiner Tante geschenkt bekommen und die wohnt in Berlin. Solche Fernschenkungen können vom sogenannten Kochbuchhandlungs-Supermarkt-Öl-Versorgungs-Komplex kaum eingeplant werden und müssen im tragischen Rezepte-Scheitern und dem daran geknüpften Selbstwert-Verlust enden.