Die Universität Jena hat eine neue Begrüßung für ihre zum Sommersemester neu immatrikulierten Studenten entwickelt. Sie lautet: “Es wäre besser für uns und für euch, wenn ihr nicht hier wärt. Aber da es politisch gerade nicht in ist, euch nicht zu nehmen, könnt ihr bei uns unter äußerst schlechten Bedingungen mit ein wenig Glück sogar bis zum Abschluss studieren. Freut euch!” Das kam jedenfalls bei der Senatssitzung am 21.11.2006 unter TOP 11 heraus:
Zur vorgelegten Studiengangliste weisen die Dekane der Fakultät für Sozial- und Verhaltenswissenschaften, der Philosophischen Fakultät, der Fakultät für Mathematik und Informatik und der Chemisch-Geowissenschaftlichen Fakultät darauf hin, dass aufgrund der Umstellung der Studiengänge und den damit verbundenen Mehrbelastungen sowie bei den gegenwärtigen Kapazitäten die Einschreibung zum Sommersemester entgegen der vorgelegten Liste realistisch nicht angeboten werden könne.
Das Problem ist klar: Die Fakultäten sind mit einer Umstellung der Studiengänge auf Bachelor-/Master beschäftigt und wollen ab nächstem Wintersemester nur noch Bachelor und Master ausbilden. Da wäre es natürlich schlecht, wenn man dann noch immer eine Übergangsgeneration mitschleifen müsste. Daher das deutliche Plädoyer der vier Fakultäten für einen Immatrikulationsstopp.
Die Antwort der Hochschulleitung:
Der Rektor führt dazu aus, dass dieses Argument von der Universitätsleitung gesehen wird, jedoch ein Einschreibungsstopp im Hinblick auf die eben geführte Diskussion zum Hochschulpakt 2020 somit politisch nicht tragbar ist. Die Universitätsleitung wird prüfen, welche Formulierung möglich ist, um den vorgetragenen Problemen Rechnung tragen zu können.
Man muss sich das vorstellen: Die Überlast-Situation und damit die sehr schlechten Studienbedingungen für die Studenten werden erkannt. Sie werden in Kauf genommen, weil es politisch nicht tragbar sei, einen sinnvollen Immatrikulationsstopp zu verhängen. Mit dem Hochschulpakt 2020 sollen in Zukunft in ganz Deutschland mehr Studienplätze geschaffen werden. Nach Thüringen sollen immerhin 15 Millionen fließen und damit die gegenwärtigen 50.000 Studienplätze erhalten bleiben. Nach dieser Wohltat kann man es sich natürlich nicht leisten, gerade jetzt Studienplätze nicht zu besetzen. Schön, wie direkt sich die Politik auf die Lage der Studenten auswirkt.
Den eigentlichen Grund hat man natürlich nicht genannt: Man ist auf jeden Euro angewiesen, den man für einen neuen Studenten bekommt, weil der eigene Haushalt extrem unterfinanziert ist. Das traut sich der Rektor nicht zu sagen, weil er ja so politisch korrekt ist, dass er jetzt nach geeigneten Formulierungen sucht, die dem Problem Rechnung tragen. Wie bitte? Formulierungen, die dem Problem Rechnung tragen? Vermutlich meint er Formulierungen, die das Problem kaschieren und übertünchen können.
Nachtrag:
Vermutlich wird dies insgesamt etwa 350 Studenten betreffen (geschätzte Zahl auf Basis der Vorjahrszahl), mehr als die Hälfte davon in der Philosophischen Fakultät.