Fliegen werden täglich unterschätzt. Dabei haben die meisten Fliegen in unseren Räumen einen Bildungsauftrag. Sie setzen sich dann auf unsere Schulter, auf unser Bein, um uns daran zu erinnern. Wir Ignoranten verjagen sie dann nur.
Es gibt Philosophie-Fliegen, die die ganze Zeit nur Werke von Kant, etwas seltener von Hegel, in Schönschrift auf einer Stelle schreiben. Es gibt Kunstfliegen, die die Konturen von Kandinsky- oder Picasso-Werken nachzeichnen. Seltener sind Geographie-Fliegen, die das gesammelte kartographische Wissen der Fliegenheit in ständiger Reproduktion bewahren. Sie zeichnen Inseln, Berge, Länder in unsere Zimmer.
Früher saßen die Menschen oft stundenlang bei den Fliegen und rätselten, was sie denn zeichneten. Die Fliegen waren sehr geduldige Lehrer, sie zeichneten dasselbe oft tagelang, bis endlich ein kleines Kind ein erlösendes „Kilimandscharo“ ausrief. Man glaubte damals, die Fliegen seien verzauberte Mönche, die ihrem Welt-Entsagungsgebot entgegen den einfachen Bauern helfen wollten. Die Kirche sah das nicht gerne und begann … Aber das ist eine andere Geschichte.
Es gibt natürlich auch Spaß-und Space-Fliegen, die nur Kreise fliegen, weil ihnen früher in den Kifferhöhlen der siebziger Jahre das Gehirn zerbröselt wurde. Aber die meisten Fliegen setzen sich erschöpft nach einem langen Arbeitstag in irgendeine Ecke philosophieren noch ein wenig mit Arbeitskollegen oder lesen ein Buch und schlafen dann ein.