Neulich stellte mir eine Freundin eine interessante Frage: Auf was würdest du eher verzichten, auf dein Spiegelbild oder deinen Schatten? Sie sagte zudem, für mich kontraintuitiv, dass sie eher auf ihr Spiegelbild verzichten würde. Alle weiteren Freunde, denen ich diese Frage stellten, erschien es hingegen klar, dass sie ihren Schatten abgeben würden. Wozu braucht man diesen auch? Es gibt zwar die Geschichte des Peter Schlemihl, aber so richtig nachvollziehen kann man die Ausgrenzung nicht. Heute nun sagte mir eine zweite Freundin, dass sie eher ihr Spiegelbild aufgeben würde. Spricht das nun für das Verhältnis zu sich selbst. Ich weiß es nicht. Ebenso spräche es für das Verhältnis zu sich selbst, das Spiegelbild, gewissermaßen die äußere Haut, nicht aufgeben zu können. Sie argumentierte dementsprechend auch so. Kann man etwas weggeben nur weil man es nicht wahrnimmt? Müsste es nicht vielmehr positive Gründe geben, das Andere zu behalten? Ihr Grund war, dass der Schatten viel interessanter sei, weil er lediglich die Konturen wiedergibt, das Spiegelbild hingegen langweiligerweise alles genauso wie es denn ist. Zudem könne man eh nichts daran ändern, wie einen die Menschen wahrnehmen, sie nehmen einen mit oder ohne Spiegel wahr.
Abgesehen von diesen Überlegungen gibt es auch einige rein technische Schwierigkeiten bei diesen Vorstellungen. Wie ist es möglich, dass ein Mensch ohne Schatten existiert? Wenn man hinter diesem Menschen steht und dieser eigentlich die Sonne verdecken müsste, er also einen Schatten auf mich werfen müsste, was passiert dann, wenn er keinen Schatten hat. Ist er dann durchsichtig und scheint das Licht genauso auf mich? Das gleich Problem gibt es auch beim abgegebenen Spiegelbild: Wenn ich hinter jemandem stehe, der kein Spiegelbild hat, sehe ich mich dann im Spiegel? Ist er dann durchsichtig? Und warum ist er dann nicht immer durchsichtig, sondern nur, wenn ein Spiegel in der Nähe ist? Oder existiert er nur, wenn ich ihn ansehe, wie er vor mir steht, wenn ich jedoch in den Spiegel gucke, ist er verschwunden und ich sehe mich? Fragen über Fragen, die Vampire oder Peter Schlemihl unmöglich erscheinen lassen. Das schöne ist es jedoch, sich gerade über so etwas Abstruses und Unwichtiges, den Kopf zu zerbrechen. Sonst könnte man es ja auch mit einer Physikaufgabe tun und das brächte niemandem etwas.