An dieser Stelle ein Geständnis: Ich hatte ein falsches Bild der Bloggerszene. Für mich stellte sie – und das wollte ich mir selbst zunächst nicht eingestehen – eine Art Gegenöffentlichkeit dar. Einen Bereich, in dem Absurdes neben Recherchiertem stehen konnte, eine kleine anarchische Sphäre.
Das war Quatsch. Und es gab eindeutige Indizien dafür. Es gibt hunderttausende kleine Blogs, in denen nur Alltag berichtet wird. Nichts weiter. “Tell me why I don’t like mondays” ist der Grundtenor. Warum sollten diese Alltagsblogger es komisch finden, wenn die Alpha-Blogger, sich billigst verkaufen? Die Alpha-Blogger sind doch auch nur etwas bessere Alltagsblogger – sie sind welche von uns. Die kleinen Blogger sitzen im Gefängnis ihrer eigenen Unbekannheit und schauen erfreut oder neidvoll auf die, die es geschafft haben, die ihre fünf Minuten, ihre tausend Klicks genießen. Was sollten sie kritisieren, wo sie doch unterhalten werden. (Ein schrecklich klischeehafter Satz, der aber wohl zutrifft.)
Und da wurde mir klar, dass es eigentlich nicht schade ist: Die Kommerzialisierung hat Einzug gehalten, ohne dass es jemanden stört. Vier bekannte Blogger haben sich verkauft für ein Butterbrot. Was ist ein Monat lang kostenlos Auto fahren? Nichts. Jeder, der etwas auf sich hält, hätte wohl einen höheren Preis für seine Echtheit genommen. Aber an diesem Kuhhandel, an diesem Billigpreis erkennt man auch die Einstellung der Blogger. Mit der Alltagsweisheit des geschenkten Gauls auf den Lippen nehmen sie es an.
Die Blogsphäre hat nichts jenseits des Alltags zu bieten. Sie spiegelt die Generation wider, für die die Neon erschaffen wurde: Die hippen, junggebliebenen Großstadt-Mittdreißiger. Im besten Fall ist das skurril oder wirr, im schlechtesten und häufigsten Fall banal und überflüssig. Aber kritisch ist es nie, war es nie, wollte es nie sein.
Insgeheim hatte ich noch Meldungen aus den USA im Ohr, die so begannen: “Blogger deckten auf” oder “wie Blogger herausfanden.”