Das Tanzen auf Parties unterliegt merkwürdigen Regeln, die sich mir mehr und mehr erschließen. Das Folgende trifft nicht unbedingt auf jede Party zu, aber je prolliger sie ist, desto eher werden diese Regeln wahrscheinlich zutreffen.

Eine einfache und offensichtliche Regel ist zum Beispiel: Je mehr Menschen sich auf der Tanzfläche befinden, desto geringer wird der Raum, um sich frei zu bewegen und angemessen zur Musik zu tanzen. Merksatz: Zusammengequetschte Sardinen tanzen nicht mehr, sie zappeln nur noch. Umgekehrt ist es jedoch auch so, dass je weniger Menschen sich auf der Tanzfläche befinden, es umso mehr Mut erfordert, sich auf die Tanzfläche zu wagen.

An dieser Stelle kommt nun ein Unterschied zwischen Männern und Frauen ins Spiel: Frauen gehen auf Parties, weil sie tanzen und sich bewegen wollen, Männer gehen dorthin, weil sie Frauen anschauen und, wenn möglich, abschleppen wollen. Das klingt etwas abgeschmackt und klischeehaft, erklärt aber doch das Verhalten vieler Männer rund um und auf der Tanzfläche.

Am Anfang der meisten Feiern stehen Männer mit ihrem Bier am Rand und warten, dass etwas passiert. Sie wippen dazu leicht mit. Dann kommen die ersten tanzwilligen Frauengrüppchen. Sie tanzen selbstbezogen erstmal im Kreis und blenden damit aus, dass sie die ersten Mutigen auf der Tanzfläche sind und von den am Rande stehenden Männern höchstwahrscheinlich nach Tanzstil und Aussehen abgecheckt werden. Bald gibt es mehrere solcher Grüppchen, in denen auch schon einzelne Männer mittanzen. Das führt zu einer Auflösung des Am-Rand-Klebe-Effekts der restlichen Männer: Zum einen wird es langsam fürs Frauenchecken zu unübersichtlich, zum anderen erfordert es nun weniger Mut und tänzerische Fähigkeiten, sich auf die Tanzfläche zu wagen. An diesem Punkt ist die kritische Masse erreicht und die Tanzfläche füllt sich immer mehr.

Wenn dieser Punkt erreicht ist, erfordert es keinen Mut mehr und immer mehr Männer strömen auf die Tanzfläche: Männer, die eigentlich nur wie Sardinen auf tanzende Frauen starren wollen, zappeln nun auch sardinenmäßig in der Mitte der Tanzfläche, womit sie tanzwilligen Frauen den Raum zum Tanzen nehmen und das skurrilerweise auch noch als sexuell aufgeladenes Antanzen wahrnehmen.

Für den weiteren Verlauf des Abends kann man folgendes Gleichgewicht für die Tanzfläche feststellen: Je mehr Männer auf die Tanzfläche zum Gucken und Zappeln strömen, desto weniger können die Frauen ausgiebig tanzen, desto eher verlassen sie die Tanzfläche, desto weniger gibt es für die Männer zu gucken, desto eher verlassen sie die Tanzfläche wieder und machen Platz für ausgiebig tanzende Frauen, die wiederum guckende und zappelnde Männer anlocken, usw.
Um mit diesem Phänomen umzugehen und trotz der zappelnden Männer tanzen zu können, will ich eine neue Technik entwickeln: Das Martial Dancing. In vielen Martial-Arts-Filmen wird inbesondere trainiert, wie man den Schlägen des Gegners am besten ausweicht, so dass diese ins Leere gehen. Dafür gibt es dann einen Parcours, den man unberührt absolvieren muss, oder mehrere Gegner, die versuchen, aus allen Richtungen auf den Helden einzuschlagen. Diese Fähigkeiten des Ausweichens will ich mit den Fähigkeiten zu Tanzen kombinieren und die neue Technik des Martial Dancings entwickeln. Man tanzt passend zum Rhythmus der Musik und weicht damit zugleich elegant all den ringsum befindlichen, in den persönlichen Tanzraum eingreifenden Zapplern aus. Den ersten Meister dieser neuen Tanztechnik würde ich dann „Dance Lee“ nennen.