Ich muss es noch einmal schreiben. Als ich das letzte Mal meine Vorliebe für die Serie „Heimat“ von Edgar Reitz beschrieb, kannte ich die zweite Staffel noch nicht. Die erste Staffel war schon sehr gut gefilmt und geschauspielert. Aber die zweite Staffel übertrifft das noch um Längen. Zumal mir die in München spielende „Chronik einer Jugend“ auch inhaltlich näher ist.
Ich neige selten zu (positiven) Superlativen, aber hier ist jeder angebracht. Rein filmtechnisch gesehen hat es Reitz geschafft, jeder Szene eine Bildsprache zu geben, die mit dem Inhalt der Szene korrespondiert. Die Form bekommt eine eigene Sprache, sie unterstützt die Handlung. Das klingt zunächst einmal banal, eigentlich sollte das jeder Film leisten. Aber wenn man Heimat einmal gesehen hat, weiß man, was einem bei normalen Filmen fehlt. Reitz und sein Kameramann sind Meister des Ästhetischen. Ich habe noch nie so unglaubliche Kamerafahrten gesehen, so großartige Einstellungen.
Auch inhaltlich ist das ganze eine Offenbarung. Die Charaktere sind realistisch, weil sie auch gebrochen sind. Er zeigt scheiternde Lieben, Einsamkeiten, Krankheiten, Eitelkeiten, Verzweiflungen und sogar eine Abtreibung (eine der schrecklichsten Szenen, ohne, dass man auch nur ansatzweise irgendwas sieht). Wenn ich in diesem Blog einmal gefordert habe, dass man doch endlich auch mal scheiternde Beziehungen zeigen sollte, dann habe ich dies hier nun gefunden. Reitz zeigt das ganze schreckliche Gewirr an persönlichen Beziehungen, das es in Freundeskreisen tatsächlich geben kann.
Reitz schafft es zudem, dass die Personen lebendig sind und zugleich aber auch, fast nebenbei, grundsätzliche Lebensprinzipien darstellen (so wie halt Menschen tatsächlich auch unterschiedlich in die Welt gestellt sind). In einer ganz kurzen Sequenz kontrastiert er beispielsweise das existentialistische und heimatlose Streben des Hauptakteurs Hermann durch seine heimatverbundene Freundin. Hermann sagt: „Manchmal glaube ich, man muss sich noch einmal selbst zur Welt bringen, sich noch einmal aus sich selbst heraus gebären.“ Darauf antwortet sie in ihrer eher einfachen, fast bodenständigen Art: „Aber ist man dann nicht sehr allein?“ Und führt dann in knappen Sätzen aus, wie schön es ist, eine Heimat zu haben, in der sich Menschen an deinem Dasein erfreuen und Anteil an deinem Leben nehmen. Hier kann ich ihr nur beipflichten und ergänzen, dass es schön ist, eine filmische Heimat gefunden zu haben.

Hier noch zwei kleine Ausschnitte.
Unglaublich, wie in dieser Winterszene die Vögel das ganze ummalen:

Eine kleine Eifersuchtsszene auf einem Fest, untermalt von einem Gedicht: