Ich habe ja seit Ewigkeiten nichts geschrieben. Manchmal bin ich sogar selbst auf meinen Blog gegangen, und habe in meiner zunehmenden Entfremdung gehofft, dass da irgendjemand einen neuen Eintrag verfasst hätte. Deshalb muss ich wohl nun mal wieder ran. Das bietet sich heute auch an, da ich vor genau fünf Jahren in diesem Blog über genau dieselbe Sache geschrieben habe.
Es geht um das Fusion-Festival. Vor fünf Jahren schrieb ich sogar drei Einträge darüber: Über die Anfahrt mit abfallendem Auspuff, über den damals neuen eher linken Begriff Schland und über allgemeine Erfahrungen (Dixies, Druffies und Essgewohnheiten). Nach fünf Jahren Pause zeigt sich nun, dass ich älter geworden bin. Alles, was ich damals als Lernbares ausgewiesen habe, hat mich nun extrem genervt.
Es ist mir beispielsweise nicht klar, warum eine Bühne den ganzen Zeltplatz und die Parkplätze rund um die Uhr mit Elektro beschallen muss. Ich dachte dabei einfach nur an Demokratie und Mehrheiten: Es gibt um 7 Uhr früh vielleicht noch etwa 150 bis 200 Hanseln, die da tanzen wollen, und etwa 15.000 bis 20.000 Leute, die schlafen wollen. Da widerspricht wohl die Coolness dem gesunden Menschenverstand. Allerdings kam es scheinbar im letzten Jahr sehr gut an, dass eine vierstündige Feierpause von 10-14 Uhr eingelegt wurde (die in diesem Jahr aber kaum eingehalten wurde). Es besteht vielleicht doch Hoffnung. Und nun das alleruncoolste Argument: Man könnte ja auch leiser machen. Das ist eh irgendwie eine ziemliche Unkultur: Die meisten Konzerte sind viel zu laut! Ohne Ohrstöpsel hält man es auf der Fusion auf kaum einem Konzert aus. Mir ist auch nicht wirklich klar, warum das so sein muss. Die Leute wollen den Bass spüren, aber das geht auch ohne extreme Lautstärke. Ich hoffe dann immer, dass die Hörgeräte-Industrie in den kommenden dreißig Jahren enorme Fortschritte gemacht haben wird.
Aber vielleicht ist es das, was solch eine Festival-Kultur ausmacht: Nicht drüber nachzudenken, sondern mitzumachen – die Grundidee der einfachen Coolness. Aber es gibt ja nun auch die Menschen, die das organisieren und die die Coolness-Standards setzen. Sie könnten einfach sagen: Bei unserem Festival ist es cool, dass die Mehrheit der Leute schlafen kann, und dass nur die Leute, die direkt an der Box stehen, einen Gehörschaden bekommen. Immerhin haben sie es durchgesetzt, dass man 10 Euro mehr bezahlt und dieses Geld wiederbekommt, wenn man einen Müllsack abgibt. Bestimmt war das vor 10 Jahren auch eine uncoole Idee. Aber das mit der extremen Beschallung wird sich wohl nicht ändern, da die Fusion-Crew davon nicht betroffen ist, weil sie einen sehr ruhigen Schlafplatz hinter den Hangaren hat.
Die Bedingungen waren diesmal aber auch sehr schlecht: Das Wetter war an den letzten beiden Tagen extrem schlecht, unglaublich viele Zelte sind komplett abgesoffen. Und nach der ersten unterkühlten Nacht war ich zudem gleich krank, was meine Laune an den verregneten Tagen nicht unbedingt besserte. Nach einer schier endlosen Rückfahrt durch Weltuntergangsregen merkte ich spät abends, als ich endlich nicht mehr auf ein vollgeschissenes Dixie-Klo in einer Schlange warten musste und ein Bett ohne dauernde Elektro-Beschallung hatte, wie sehr mich das alles sehr genervt hatte. Besonders aber merkte ich es daran, dass ich das Fusion-Bändchen sofort loswerden wollte, als ich mich hingelegt hatte – mein Körpergedächtnis schrie auf: Nicht noch so eine Nacht! Es war wirklich eine Befreiung, es abzuschneiden.