Konservatives Kabarett ist eigentlich unmöglich. Das stelle ich immer wieder fest. Kabarett braucht einen aufklärerischen Charakter und keinen affirmativen. Es muss sich hinter die Dinge bewegen und hinter die politischen Kulissen schauen. Dafür muss es nicht notwendigerweise links sein. Da wir uns aber in einer Zeit bewegen, durch die ein Rechtsruck, eine Entsolidarisierung der Gesellschaft geht, in der immer mehr politische Schauspiele, immer mehr Kampagnen aufgeführt werden, ist ein aufklärerischer Standpunkt eher links als rechts zu finden.
Man könnte als Konservativer ja immer noch linke Dogmen nehmen und sie demontieren, aber da das für die meisten Politiker und in den meisten Medien bereits Standardprogramm ist, betet man nur politisch-konservative Standpunkte nach (Kritik an Multikulti oder an Integration). Bestimmte Positionen sind im Kabarett auch nur noch schwer zu besetzen, da von den Linken dort starke Tabus aufgebaut wurden. Beispielsweise die Kritik am Gleichberechtigungsdogma der Linken oder der Wunsch nach einem klassischen familiären Rollenmodell. Wie sollte man das im Kabarett ausdrücken, ohne sich selbst als altbacken zu outen? Die Konservativen sind hier seit den siebziger Jahren in eine Duckmäuser-Position geraten, in der sie ihre Politik nur noch leise und auf argumentativen Umwegen vortragen können, eine kabarettistische Zuspitzung ist hier kaum noch möglich. Das konservative Kabarett ist also eingesperrt zwischen dem, was in den Medien an konservativer Demagogie sowieso schon aufgefahren wird und den schweren Tabus, die durch Überspitzung nicht mehr in Frage gestellt werden können.
Ohne Inhalte bleibt dann nur noch der leere Aufklärungsgestus übrig. Wer sich solches Kabarett anschauen will, der sollte sich den Satiregipfel in der ARD anschauen. Der Comedian Dieter Nuhr hatte diese Sendung zum Jahreswechsel von Matthias Richling übernommen. Ein schwerer Fehler, wie ich finde. Das merkt man bereits an Nuhrs peinlichem Selbstbild: Als Kabarettist sei man ja nur ein professioneller Jammerer. Egal was passiert, man jammert. Diese Aussage ist eine Selbstdemontage ohnegleichen, eine Vorankündigung von Schizophrenie. Wir müssen hier beim Satiregipfel jammern und klagen, weil wir Deutsche sind, auch wenn es uns eigentlich gut geht und uns andere beneiden. Der Subtext lautete: Eigentlich will ich das nicht, mir geht es gut. Absurd. Konservatives Kabarett halt. Eine Metaaufklärung über den Sinn des Kabaretts aus einer Position von öffentlich zur Schau gestellter Selbstzufriedenheit und dem Glauben an den gerade stattfindenden Super-Aufschwung.
Die Kabarettnummern, die dann von anderen gezeigt wurden, waren bis auf ein mittelmäßiges Rollenspiel von Alfred Dorfer durchgehend schlecht: Sich über Reformhäuser lustig machen, nachdem die Biobewegung diese schon längst abgelöst hat. Das war Kabarett aus den 80er Jahren! Wie wäre es mit einem Update? Sich über Afrika lustig machen, mit den ewig gleichen Stereotypen, es fehlte nur noch das Schnackseln der Neger. An den letzten Kabarettisten erinnere ich mich nicht mal mehr, war wohl eher ein Comedian. Es gab keinen durchgehenden Faden in den Erzählungen, sie hangelten sich von einem „Übrigens, wozu mir auch noch ein Witz eingefallen ist“ zum nächsten. Schrecklich.
Wenn es eigentlich nichts zu Jammern und Beklagen gibt, wie Moderator Dieter Nuhr ja festgestellt hat, wenn es nur noch ein leerer Satiregestus ist, der sich über sich selbst und die Sendung lustig macht, dann sollte man diesen neu entwickelten Satiregipfel am besten gleich wieder einstampfen.

Bild-Quelle: ARD