Meine ehemalige Mitbewohnerin hatte eine merkwürdige Angewohnheit: Sie brauchte bei Verabredungen immer absolute Sicherheit. Wenn man sich mit ihr zum Frühstück in der eigenen WG verabredet hatte und man am Abend wegging, fragte sie immer noch einmal, ob ich mich auch noch an die Verabredung erinnere und sie ja nicht vergesse. Wenn ich am morgen noch einmal schnell in die Stadt wollte, stand sie auch in der Tür und fragte: “Aber wir frühstücken doch gleich.” Es war, als gebe es keinerlei Sicherheit im Zwischenmenschlichen für sie, als müsse sie alles immer wieder kontrollieren und sicher stellen, dass auch nichts aus der Bahn geriet. Irgendwann später fand ich heraus, dass es wohl an einer langjährigen Beziehung mit einem unsteten Künstlertypen gelegen hatte.
Früher hat mich diese Unsicherheit immer verwundert, bis ich nun feststellte, dass man sie nicht nur in so banalen Lebensdingen wie Verabredungen haben kann. Man will diese absolute Sicherheit auch oft in Beziehungen haben. Und dort vielleicht noch viel extremer. Dort ist es mit tausendfachem Fragen nicht getan, dort gibt es nämlich keinen realen Termin, kein Frühstück, das die Unsicherheit wenigstens kurzfristig beenden könnte.