Wahrheit wird überschätzt: Wie kann das, was man in einer Sekunde des Lebens fühlt und denkt, das sein, was Tage und Wochen lang gilt?
Ist sie nicht bloß eine aus dem Fluss geschöpfte Hand voll Wasser, die Fluss sein soll: Trinkbar oder ungenießbar, sauber oder verdreckt, warm oder kalt. Der Fluss ändert sich nicht innerhalb von Sekunden und dreht sich auch nicht um 180 Grad. Aber er ändert sich trotzdem und auch die schöpfende Hand mit ihm. Einmal schöpft sie vom sicheren Ufer, einmal von der trockenen Brücke oder vom seichten Ufer aus, häufig genug schöpft sie aber auch in der umströmten Mitte, schwankend in den Stromsschnellen stehend. Das Gefundene wird immer anders sein: Nicht wahr, nur Moment.
Und doch ist es diese Hand voll Wasser, die wir trinken wollen, trinken müssen, als wäre sie alles. Wir müssen das Bittere so schmecken, als wäre es ewig bitter, das Süße als wäre es der einzige Geschmack. Außer wir beginnen an den “falschen” momentenen Geschmack zu glauben. Oder wir erkennen die Willkür der Wahrheit.