Gestern hat sich auch Jena an der weltweiten Aktion „100 Stunden Astronomie“ beteiligt. Dafür wurden alle Straßenlaternen bis Mitternacht ausgeschaltet. Die Sterne sollten ohne die übliche Lichtverschmutzung leichter zu sehen sein – dieser Ansatz misslang jedoch, da der Himmel bedeckt war. Jedoch hatte die fehlende Beleuchtung andere interessante Effekte, zumindest für mich.

Zunächst fiel natürlich auf, wie gut die Stadt dennoch beleuchtet war. Die Werbetafeln und Geschäftslichter ersetzten die Straßenlaternen in der Innenstadt fast vollständig. Man könnte gut Geld sparen, wenn man die Stadt auf Kosten der Unternehmen beleuchten würde.

Aber ein anderer Effekt war noch erstaunlicher. Im Wohnviertel entstand eine ganz andere Atmosphäre. Zunächst erinnerte sie mich an ein Dorf: Die Lichter in den Fenstern wirkten heimelig, man spürte das Leben dahinter. Auf dem Weg lag ein Hauch von Heimat, von Zu-Hause-Ankommen, von Geborgenheit. Die Kneipen hatten etwas Einzigartiges, etwas Aufnehmendes. Dann wurde mir klar, dass die Straßenlaternen ja eigentlich nur über die Existenz dieser tausend Heime hinwegtäuschen und einen öffentlichen Raum schaffen, den es so eigentlich gar nicht gibt, sie bieten einen neuen Aufenthaltsraum, eine Tagesillusion. Dadurch, dass man nur noch die vereinzelten Lichter der Fenster hatte, war dieser Zwischenraum aufgelöst, das Leben sichtbar auf die Orte konzentriert, an denen es wirklich noch stattfand.

Ich hatte Sehnsucht, nach Hause zu kommen – wie nach einer langen Reise. Ich wollte wie nach einer langen Wanderung übers Land endlich einkehren. Ich wollte mein eigenes kleines Licht in das Mosaik der mannigfaltig strahlenden Zuhauses, in das tausendfache Bei-sich-Sein einfügen.

Aber ich hatte auch Sehnsucht nach einer völlig dunklen, einer wirklich schlafenden Stadt. Eine Stadt, die genau das widerspiegelt, was ihre Einwohner wirklich tun.