Manchmal gibt es Schlüsselmomente in zwischenmenschlichen Beziehungen. Das sind Momente, in denen man das Gefühl hat, nicht mehr nur klopfend vor der Tür zu stehen, sondern die Person selbst zu sehen. Oder zumindest zu sehen, was die Person von einem denkt. Im Alltag spricht man ja nur durch die Tür, ohne den anderen je wirklich zu sehen.
Diese Momente sind genauso oft ernüchternd wie fehlinterpretiert. Ein einziges falsches Wort, eine einzige Geste, ein einziger Nicht-Blick kann sich tief eingraben und später, wenn es darauf ankommt, nicht mehr zu bergen sein.
Ein wirklich banales Beispiel: Wir gehen zu viert in der Mensa essen: Mein Mitbewohner, seine Freundin, eine Freundin seiner Freundin und ich. Eigentlich kenne ich nur meinen Mitbewohner gut. Er kommt ironischerweise zuletzt. Zuvor bin ich mit der Freundin seiner Freundin am Tisch und smalltalke. Sie hat ein Tetrapak Saft geholt, aber nur ein Glas für sich. Die Freundin meines Mitbewohners kommt hinzu und sieht, dass keine Gläser da sind. Sie läuft nochmal los und überlässt uns unserem Smalltalk. Und nun: Sie kommt wieder mit zwei Gläsern. Ich hätte das nicht thematisiert, mein Mitbewohner jedoch schon. Sie sagt nur, dass sie dachte, ich wollte nichts trinken.
Das war so ein Schlüssel-Moment, auch wenn oder gerade weil ihr Verhalten so willkürlich und unnachvollziehbar erschien. Die ganze Szene war so unscheinbar, so unverhältnismäßig unbedeutsam, um daran eine ganze Freundschaft festzumachen. Trotzdem steht dies nun zwischen uns, weil es wie der passende Schlüssel zu dem Raum einer Nicht-Beziehung erscheint.