Gestern war ich wirklich schockiert, wie sich die Debatte um die Gesundheitsreform entwickelt. Ich war verwirrt, weil ich mir doch eine gewisse Medienkompetenz zugeschrieben hatte, ich allerdings die Berichterstattung überhaupt nicht verstand.
Zum Beispiel Edmund Stoiber. Er sagt – für die CSU – sprechend: “Unser Maßstab bleibt Bayern.” Bedeutet das nun, dass auch SPD und CDU nur für die Länder sprechen, in denen sie regieren? Ist der Bundestag der Bundesrat? Er und andere Landesfürsten (welch treffender Ausdruck!) blockieren, weil sie angeblich die Auswirkungen auf die Landtagswahlen 2008 fürchten. 2008? Auswirkungen? Was ist das denn für ein Vorwand? Und wie sollte, bitteschön, irgendetwas die Stellung der CSU in Bayern gefährden?
Und dann der Vorwurf, der Entwurf sei nicht rechtzeitig abgeliefert worden, sei zudem falsch, eine regelrechte Herausforderung, weil er nicht den Eckpunkten entspräche, etc. Die Medien prüfen diese Vorwürfe auch nicht mehr, sie geben nur noch Raum für alle möglichen Anschuldigungen und Rechtfertigungen. Sehr schade.
Noch schwanke ich: Ist es besser von diesen politikverdruss-erzeugenden interessenpolitisch geführten Kleinstkriegen nichts zu erfahren oder ist es gerade wichtig, sie medial vermittelt zu bekommen? Würden sich möglicherweise die Politiker nicht so verhalten, wenn ihnen nicht mediale Aufmerksamkeit für jeden “Ausrutscher” zuteil würde oder würden wir es nur nicht mehr erfahren?
Passenderweise habe ich nachher ein Gespräch mit Christoph Matschie, dem zufälligerweise die Hand ausrutschte, als er ein Papier gegen die offizielle Anti-Studiengebühren-Linie der SPD unterschrieb, und ihm damit zufälligerweise große Aufmerksamkeit zuteil kam.
Nachtrag: Bei der Darstellung des Konflikts war ich selbst der Darstellung der Medien aufgesessen. Die Medien haben damals den Konflikt um Matschie und dessen Studiengebührenbefürwortung sehr stark hochgepusht. Er hat dies also kaum für das bisschen Aufmerksamkeit gemacht.