Ein Freund hat einmal eine schöne Metapher für sein Gefühlsleben gefunden: Er befindet sich auf einem U-Boot, das gerade auf der Meeresoberfläche treibt. Er will an Bord, rüttelt an der U-Boot-Luke – aber sie ist verschlossen. Er krallt sich mit bloßen Händen an die Umrisse der Öffnung und will ihr die darunter liegenden Geheimnisse entreissen. Dann taucht das U-Boot langsam wieder ab.
Bei vielen Menschen kommt das U-Boot aber nicht einmal an die Oberfläche. Sie bergen ihre Gefühle wie einen Schatz im weiten Meer ihrer selbst. Oft wissen sie nicht einmal von dessen wirklichen Wert. Oft fürchten sie darin erstickte und dunkle Inhalte, die zu Tage kommen könnten, fürchten all das, was sich dort in der Tiefe angesammelt hat. Oft sind es aber auch gerade die nächsten Vertrauten, die vom Schlauchboot ihrer Beziehung auf das U-Boot springen und verzweifelt an der Luke rütteln und zerren.
Das wird vergebens sein: Denn meist bestand die dringlichste Aufgabe gerade darin, den Schlüssel im U-Boot selbst zu verbergen, ihn damit zu verschmelzen. Je mehr Unausgesprochenes, Hinuntergewürgtes und Unangesehenes dort landete, desto tiefer zog es auch den Schlüssel hinab. Mit Worten kann man an der Luke nur noch kratzen.
Die Hoffnung, dass mit dem einmaligen Öffnen auch das Sonnige, das vergessen Farbige aus dem dunklen Wrack trete, es geradezu zersprenge und Licht wie Schatten über den gesamten Ozean verteile, ist illusorisch. Meist ist es nur ein blindes Tasten, ein zufälliges Nachgeben, das einen Spalt selbst, einen Spalt Gefühl für einen Moment freigibt. Bei vielen Menschen öffnet sie sich nur dann, wenn sie – später, viel später – lachend darüber stehen und Alkohol auf die Luke fließen lassen, oder wenn sie bereits in unbekanntem Land gestrandet sind.