Es gibt keine Reaktion, die schlimmer ist als keine Reaktion. Lange habe ich mit dieser Erkenntnis gehadert, weil ich auf irgendeiner theoretischen Ebene gemeint hatte, negative Reaktionen seien doch weitaus schlimmer. Aber dazu kommt es ja nie! Bei den meisten Menschen gibt es nur positive Reaktionen, dann vielleicht noch ein paar neutrale, aber danach nichts mehr – die Antwort-Skala endet vor dem Negativen. Lieber gar nicht antworten.
Aber was ist das denn für ein Verhalten? Menschen komplett im Unklaren zu lassen? Diese elendige Feigheit! Dieses bescheuerte Unsichersein! Verdammt, wenn man unsicher ist, wenn man Angst hat mit einer negativen Antwort, jemandem weh zu tun, warum dann nicht wenigstens schreiben: „Ich kann das momentan nicht entscheiden.“ Oder: „Ich habe keine Lust.“ Oder: „Ich brauche Zeit.“ Alles möglich. Aber wenn man Nachrichten ins digitale Nirvana schickt, ist das wie eine Negation des Selbst. Der Andere kündigt nicht nur die Beziehung, wie auch immer sie gewesen sein mag, auf der inhaltlichen Ebene, sondern er zerstört sie auch auf der grundlegenden kommunikativen Ebene. Man redet gegen eine Wand, wo vorher noch ein Mensch stand. Dann beginnt ein Anrennen gegen diese Wand und man wird als Stalker abgestempelt, obwohl man doch nur eine Antwort, irgendeine menschliche Reaktion will. Das wird dann irgendwann lächerlich, da man sich nicht mehr sicher ist, ob da jemals ein Mensch war. Hat man sich so getäuscht? Es ist der Start aller marternden Selbstzweifel: Haben meine Worte die Mauer aufgebaut? Was habe ich falsch gemacht? Und die Antwort, die wohl immer stimmen, nur leider nie erkannt werden wird: Nichts. Der andere ist einfach nur eine feige Sau!
Nachtrag: Das gilt natürlich nicht, wenn der andere explizit gesagt hat, das er in Ruhe gelassen werden will. Das beschriebene Auslaufen-Lassen von Beziehungen durch Nicht-Kommunkation ist nur der feige kleine Zwilling dieser normalen menschlichen Ablehnungsreaktion.